Liberation Route

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Im September 2016 war ich auf der Liberation Route unterwegs. Ich geb zu, die Geschichten zum und über den 2. Weltkrieg gehören nicht wirklich zu meinen Lieblingsgeschichten. Das dunkle Kapitel der deutschen Geschichte bereitet mir eher Kopfschmerzen. Das Projekt Liberation Route kümmert sich um das Gedenken. Bestimmt wäre das Vergessen bei vielen Ereignissen des 2. Weltkriegs besser, aber mein Entschluss stand fest: ich wollte mich mit diesem Thema auseinandersetzen, auch wenn ich es nach wie vor kritisch sehe. Das Konzert „Bridge to Liberation Experience“ hatte mich schon sehr gut dafür sensibilisiert. Auch das restliche WE würde nun ganz im Zeichen von Krieg und Tod stehen. Na mal schauen, wie das wird…

Liberation Route: Deutscher Soldatenfriedhof Ysselsteyn

Deutscher Soldatenfriedhof in Ysselsteyn

Eine Autotour brachte uns in ein Dorf – irgendwo in Limburg nahe der deutschen Grenze. Klar, niemand wollte einen Friedhof in der Nähe haben, besonders wenn die gefallenen Soldaten der Gegenseite begraben werden sollten. Also wurde ein Feld irgendwo „in the middle of nowhere“ auserkoren.

Liberation Route: der weltweit größte Soldatenfriedhof in Ysselsteyn

Südwestlich von Venray in Ysselsteyn (auch Ijsselsteyn) parken wir mitten im Grünen neben einer Jugendbegegnungsstätte. Wieder mal ein Friedhof, diesen Ort hatte ich in den letzten beiden Jahren sehr oft besucht. Nur diesmal war es anders, da ich keinen persönlichen Bezug hatte und die Anlage beeindruckend groß ist.

Liberation Route: überall Steinkreuze in Ysselsteyn

Erstmal werde ich über die Kriegsgräberstätte informiert. Ich bestehe auf Niederländisch, auch wenn man mich in Deutsch begrüßt. Ich glaube, gerade diesen Abstand brauche ich bei dieser Thematik und schließlich bin ich in den Niederlanden, da spreche ich ja immer die Landessprache. Liberation Route: überall Steinkreuze in Ysselsteyn

Als ich durch das Tor schreite, liegt eine Allee vor mir (Foto ist vom Mittelplatz aufgenommen) rechts und links gesäumt von Steinkreuzen. Auf 17 Hektar stehen fast 32.000 davon, hierbei handelt es sich um die größte deutsche Kriegsgräberstätte weltweit. In Ysselsteyn wurden alle im 2. Weltkrieg in den Niederlanden gefallenen oder verstorbenen deutschen Soldaten, aber auch Niederländer, Polen und Russen, die für die Gegenseite arbeiteten, beigesetzt. Wie ich lernte, wurde sogar teilweise die niederländische Staatsbürgerschaft aberkannt, wenn man den Deutschen half. Mit Hilfe des Volksbunds Deutscher Kriegsgräberfürsorge konnten über 7.000 unbekannte Tote identifiziert werden und bekamen korrekt beschriftete Kreuze. Trotzdem sieht man noch ca. 5.000 mit der Aufschrift „EIN DEUTSCHER SOLDAT“.

Liberation Route: Ein Deutscher Soldat in Ysselsteyn

Der niederländische Hauptmann Ludwig Johann Timmermans gilt als Schlüsselfigur des Friedhofes Ysselsteyn, der für seine Verdienste ein Gedenkstein erhielt. Er war von der niederländischen Regierung von 1948 bis 1976 als Verwalter eingesetzt worden. Am 1. November 1976 hat der Volksbund der Kriegsgräberfürsorge die Bewirtschaftung übernommen – sozusagen eine deutsche Enklave mitten in NL. Der Friedhof  in Ysselsteyn hat sich über die Jahre besonders für Jugendliche zur deutsch-niederländischen Begegnungsstätte entwickelt.

Liberation Route: Deutscher Soldatenfriedhof Ysselsteyn

Ich kann nur sagen, man sollte diesen Ort mit eigenen Augen auf sich wirken lassen. Er zeigt deutlich, was sich nicht wiederholen sollte.

Duitse Militaire Begraafplaats
Deutscher Soldatenfriedhof Ysselsteyn
Timmermannsweg 75
Ysselsteyn/Limburg
www.joc-ysselsteyn.com

Liberation Route: Befreiungsmuseum Groesbeek

Nationales Befreiungsmuseum in Groesbeek

Weiter geht’s direkt an die deutsche Grenze nach Groesbeek. Hier befindet sich das Nationale Befreiungsmuseum (Nationaal Bevrijdungsmuseum 1944-45). Darin kann man die Vorkriegs- und Besatzungszeit, die Befreiung und die Jahre des Wiederaufbaus der Niederlande erleben.

Liberation Route: Befreiungsmuseum Groesbeek

Liberation Route: Befreiungsmuseum Groesbeek

Wie aus dem Museumstitel schon erkennbar ist, gibt es viele Exponate aus der Befreiungszeit 1944 & 1945. Das Museum ist etwas in die Jahre gekommen. Zum Glück steht in den nächsten Jahren eine umfangreiche Modernisierung an. Erstaunlich ist, dass es nur durch Ehrenamtliche geführt wird.

Liberation Route: Befreiungsmuseum Groesbeek

Unser Rückweg nach Arnhem führt über Deutschland, was für mich echt seltsam ist. Man fährt über deutsche Straßen dann wieder in die Niederlande zurück. Naja, ich bin selten in der Grenzregion…

Nationaal Bevrijdingsmuseum 1944-1945
Wylerbaan 4
Groesbeek
montags bis samstags 10:00 – 17.00 Uhr
Sonn- und Feiertagen: 12.00 – 17.00 Uhr
geschlossen am 1. Weihnachtsfeiertag & Neujahr
www.bevrijdingsmuseum.nl

Kunst im Airborne Museum Hartenstein

Airborne Museum Hartenstein in Oosterbeek/Arnhem

Ein Bus brachte mich von Arnhem Centraal nach Oosterbeek, ein Stadtteil außerhalb von Arnheim. In der Stadt spürte man am ganzen Wochenende zum Gedenken an die Schlacht um Arnhem eine besondere Atmosphäre. Überall entdeckte man Kränze oder Blumen, die niedergelegt wurden. Das Straßenbild wurde durch alte Armeefahrzeuge dominiert, in denen meist Männer in alten Uniformen saßen. Für mich echt bizarr. Wieso will man einen Krieg nachspielen?? Ich erfuhr, dass es in den Niederlanden organisierte Gruppen wie Pfandfinder gibt, die regelmäßig landesweit Gedenkfeiern aufsuchen. Das wäre nichts für mich!!

überall Militärfahrzeuge in Arnhem

Ich stehe vor einem ehemaligen Hotel. Das Airborne Museum in der Villa Hartenstein wirkt von außen sehr beschaulich. Etwas erhöht, von einem großen Garten umgeben, thront das Gebäude quasi über der Straße. Im Inneren wartet eine Ausstellung zur Operation Market Garden, die Befreiung durch die Briten und die Airborne Experience auf mich. In diesem Gebäude war im September 1944 das britische Hauptquartier der Fallschirmspringer untergebracht.

Villa Hartenstein in Oosterbeek

Die Ausstellung auf 2 Etagen ist sehr informativ und beherbergt einzigartige Fundstücke. Ich habe natürlich auch ein Blick auf das Gebäude geworfen und kann mir gut vorstellen, wie man hier als Gast logierte.

Liberation Route: Airborne Museum Hartenstein

Im Keller bei der Airborne Experience angekommen, warnt ein Schild „Achtung schockierend!“. Ich habe keine Vorstellung, was mich hinter dieser Tür auf 900 m² erwarten würde. Aus der Sicht eines Fallschirmspringers steht man plötzlich mitten auf dem früheren Schlachtfeld. Es fühlt sich an, als ob man wirklich im Krieg sei. Die Kulisse ist sehr authentisch, man hört Schüsse und Rufe. Ich finde es beängstigend. Lange halte ich es nicht aus. Ich verlasse den Keller wieder und bin froh, draußen mitten im friedlichen Grünen zu stehen. Dennoch denke ich, dass Jugendliche die richtige Zielgruppe für die Airborne Experience ist. Durch die Erlebniswirkung wird ihnen die nachgestellte Situation bewußt, obwohl sie sicher heute durch Videospiele schon so abgestumpft sind. Krieg sollte nie wieder geschehen und der Frieden, wie wir ihn tagtäglich erleben, ist nicht selbstverständlich.

Liberation Route: Airborne Experience

Für mich war das Museum dann doch zu emotional, so dass mir den Weg zum benachbarten Airborne Friedhof ersparte. Ich hatte genug Kriegsgeschehen gesehen und brauchte dringend einen Themenwechsel. Zum Glück wartete Jutta von 6 Grad Ost in Arnhem auf mich…

Airborne Museum ‘Hartenstein’
Utrechtseweg 232
6862 AZ Oosterbeek
täglich von 10:00 bis 17:00 Uhr (Heiligabend & Silvester bis 16:00)
geschlossen am 1. Weihnachtsfeiertag & Neujahr
de.airbornemuseum.nl/museum

Hinweis: Zum Besuch des Soldatenfriedhofs und der beiden Museen wurde ich von Liberation Route Europe eingeladen. Der Artikel gibt meine eigene Meinung wieder.

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